Bad Beat in Rotterdam (1)

1996 waren wir im Pokal der Pokalsieger im Viertelfinale. Der Gegner hieß Feyenoord Rotterdam. Das Hinspiel hatten wir 2:2 im Düsseldorfer Rheinstadion gespielt. Um das Spiel herum hatte es bürgerkriegsähnliche Zustände in Krefeld und Düsseldorf gegeben, die rotterdamer Hools sind ein unfassbarer Mob. Und was letztens bei Hertha BSC abging war in den 90er Jahren Normalzustand. So ab 3:30 geht’s los.



Das Rückspiel fand zwei Wochen später statt. Wir sind mit dem Auto nach Rotterdam gefahren. Bereits an der Grenze meinten die Zöllner, das es keine besonders gute Idee wäre, nach Rotterdam mit dem Auto zu fahren und wir sollten definitiv unser Auto Beflaggung einholen. Na gut, also die Wimpel in den Kofferraum und weiter gings. Da wir rechtzeitig vor Spielbeginn vor Ort waren, konnten wir uns einen guten Parkplatz direkt am Stadion MC Donalds sichern. Es war noch genügend Zeit und so beschlossen wir, uns noch ein wenig die Stadt anzusehen. Naja, wie es bei Fußballfans so üblich ist, endete die Stadtbesichtigung in der ersten halbwegs akzeptablen Kneipe in der Rotterdamer Fußgängerzone. Die Fußgängerzone sah übrigens aus wie eine Festung. Mit Garagentoren oder sonstigen Platten gesicherte Geschäfte, keins davon geöffnet und kein einziges Schaufenster! Wir zischten also ein paar Bier und wunderten uns, dass wir in der ganzen Stadt noch keinen einzigen Gladbach Fan gesehen hatten. Dann wurde uns klar wieso. Nach 2 Stunden Druckbetankung kam der Kellner zu uns und meinte, wir müssten jetzt dringend die Kneipe verlassen, da die Polizei die Fußgängerzone abgesperrt hat. WTF?

Wir also raus und da hörten wir schon das Klappern von Polizeipferdehufen und dumpfe Feyenoord Schlachtrufe dahinter. Ein Polizist kam auf uns zu und meinte, dass wir nicht mehr zurück zum Stadion gehen können und schickte uns zurück in die Kneipe.
Aus dem Fenster beobachteten wir, wie ein unglaublicher MOB von Feyenoord Fans durch die Fußgängerzone marodierte. Der Wirt riet uns dann, den Umweg über den Bahnhof zu nehmen. Und unsere Fanutensilien (zum Glück nur Trikot und Schal sollten wir auf dem Weg ins Stadion unter der Jacke verstecken.)

Gesagt getan, mit einem ordentlich Köttel in der Buxe zogen wir zum Hauptbahnhof und stiegen in die Bahn zum Stadion. Puh- Schwein gehabt, die Bahn war leer bzw. waren nur ein paar normale Leute drin. Los- Abfahren…Das tat der Zugfahrer aber noch nicht. Und so füllte sich der Zug nach und nach mit jungen Menschen. Und da fiel jetzt öfter das Wort „Scheiß Moffen“ (Schimpfwort für Deutsche). So langsam dämmerte es uns. Nach 5 Minuten fuhr der Zug endlich an und wir waren umringt von übelsten Rotterdamer Hooligans. Keiner von uns sagte etwas, jedes deutsche Wort hätte auf der Stelle unendlichen Schmerz bedeutet.
Nach Angsterfüllten weiteren 10 Minuten kamen wir am Stadion an. In einiger Entfernung sahen wir eine Polizeikette. Noch nie war ich so dankbar, dutzende holländische Polizisten zu sehen. Und jetzt passierte es.
Ein weiterer Gladbach-Fan in voller Kutte wurde aus der Bahn geschubst. Angsterfüllt und von den holländischen Hools gepiesackt kam er irgendwie auf uns zu. Und jetzt machte einer aus unserer Gruppe einen heldenhaften Fehler:

„Los, kannst mit uns kommen, wir sind auch Gladbacher“.
Wir hatten uns ca. 20 Meter von den holländischen Hools abgesetzt und jetzt schrien diese.
„Dat sen de Moffen“
Worauf ca. 50 Plüschbomberjacken auf uns zurannten.
„Weg hier“
schrien wir durcheinander und spurteten Richtung Polizeikette, die ca. 100 meter entfernt war. Einer der Hools war allerdings wesentlich schneller als wir und fing uns kurz vor Erreichen der Endzone ab, wurde aber von uns irgendwie aus dem Weg geschubst, was die Wut der anderen noch größer werden ließ. So ca. 20 Meter vor der Polizeikette dann das nächste Problem: Die Polizisten machten sich bereit uns in Empfang zu nehmen - natürlich mit gezogenen Gummiknüppeln. Ich riss meine Jacke im Laufen auf und schrie. „Wir sind Deutsche, Mönchengladbach, Hilfe!“
Erst im letzten Moment machten die Polizisten eine kleine Gasse für uns auf und wir konnten uns in Sicherheit bringen. Hinter unter prasselten die Gummiknüppel auf die Verfolger.

Wir hetzten weiter Richtung Eingang zur nächsten Polizeiabsperrung. Als wir uns umdrehten bemerkten wir, dass sich die erste Polizeikette jetzt ebenfalls auf der Flucht vor den Hools befand. So 10-20 Sekunden gab es diese Jagdszenen, bis sich die Polizisten wieder sortiert hatten.

Hier brech ich erstmal ab. Wollt Ihr auch noch wissen, was im Stadion und nach dem Spiel los war? Mehr von solchen Geschichten? Bitte auch kommentieren, falls solche Storys kacke sind.


9 Kommentare:

  1. schön hinter den bullen verteckt....pfeife

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  2. Ich würde mich auch hinter den Bullen verstecken, wenn 50 oder mehr niederländische Hooligans hinter mir her wären. Sowas nennt man Selbsterhaltungstrieb. Alles andere wäre doch lebensmüde.

    Coole Story auf jeden Fall. Gib mehr :-)

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  3. spannende und interessante Story, MEHR!

    Bernhard

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  4. Haha, wie viele Allesfahrer jetzt pokern ;) Rotterdam ist nicht wirklich nett...

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  5. unbedingt mehr storys ... sehr gut geschrieben und wirklich spannend und interessant ...

    MORE plz

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  6. Und was hat das mit Poker zu tun?

    Poker und Nutten, Drogen, Holigans, Schwarzgeld, Raubüberfälle, Recht- oder Linksexremismus etc pp. das mag viel zu oft noch in in vieler Köpfe in Verbindung stehen, aber warum um Gottes Willen muss man das noch weiter ausbauen?

    Mag ja für viele hoch spannend sein, aber warum hier?

    LG

    stefan

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  7. @alte schulte: Hab ja bereits mehrfach angemerkt, dass wir keine Hools waren. Von daher ist flitzen absolut legitim :-)

    @Stefan: Ich wollte keine Verbindung Poker/ Hooligans konstruieren sondern nur die Leser unterhalten. Außerdem habe ich eine mir nicht unwichtige Erinnerung zu Papier gebracht.

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  8. auf jeden Fall weiter schreiben, find ich superinteressant

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