Bad Beat in Rotterdam (2)

wir waren also halbwegs wohlbehalten am Stadion angekommen. Sagte ich Stadion? Hochsicherheitstrakt trifft es wohl besser. Der Weg zu unserem Fanblock war mit Sichtschutzblenden links und rechts ausgestattet, wohl damit die Einheimischen uns nicht ins Visier nehmen konnten. Stacheldraht auf dem Zaun und eine sperrige Einzelschleuse machten einen unheimlichen Eindruck, nach unseren Erlebnissen vor dem Stadion waren wir über die verstärkten Sicherheitsbemühungen aber gar nicht so böse. Wohlbehalten kamen wir in der Gästekurve an. Kurz orientiert und...aja im Block links von uns waren auch schon die Rotterdamer Schläger. Es war damals Standard, dass sich die Hooligans eines Vereins immer neben der Gästekurve breit machen konnten. Und unsere Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Von den noch heute üblichen Feuerzeugwürfen mal abgesehen, gab es noch etwas abartiges und wurde auch von den Feyenoords praktiziert: Mit Leuchtkugeln in die gegnerische Fankurve ballern. Das Spiel hatte noch nicht angefangen und schon flogen uns die Kugeln um die Ohren. Ein Auge hatte man auf dem Spiel, mit dem anderen guckte man permanent Rtg. Mob, um ggf. ausweichen zu können.
Die niederländische Polizei ließ die Hooligans übrigens gewähren. Aber auch das war damals üblich. Ich hatte z.B. oft in Köln erlebt, dass die dortigen "North Side Boys" sich im alten Müngersdorfer Stadion über dem Gästeblock einquartierten und dort locker mit Leuchtspurmunition auf uns draufhielten oder wahlweise vom Oberrang runterpissten.
Jetzt traten die Gladbacher Hooligans in Erscheinung: Auch das war ein nicht zu verachtender Haufen, schätze mal so 100 harte Jungs. Sie rannten auf den feindlichen Block los, der durch einen 2 Meter breiten Gang und hohen Plexiglasscheiben von unserem Block getrennt war. Na, jetzt wurden die holländischen Ordnungshüter aber aktiv. Kräftig wurde unter dem Gejohle der Feyenoord Hools auf die Gladbacher eingedroschen, obwohl die doch niemals über den Zaun gekommen wären. Heimvorteil nennt man sowas wohl :-) Ein paar Sitzschalen flogen noch, das wars aber auch schon.

Das Spiel haben wir verloren und waren damit ausgeschieden und auf dem Rückweg wurde wohl noch der eingesetzte Sonderzug zerstört.

Apropos Rückweg. Ein bischen Bammel hatten wir aufgrund der bisherigen Erfahrungen jetzt schon. Aber erstmal mussten wir ja aus dem Block raus. Den hatte die holländische Polizei nämlich dichtgemacht, um Zusammenstöße zu vermeiden. Wir standen noch eine Stunde nach Spielende in unserer Kurve. Der richtige Fußballsäufer ahnt es schon, irgendwann muss jeder mal pissen. Und so mussten ca. 2000 Gladbacher ihre Erleichterung im Block vornehmen. Das riecht vielleicht lecker. Die Stimmung wurde immer aggressiver und es gab die damals üblichen "lasst uns frei" Rufe. Irgendwann kam der damalige Manager Rolf Rüssmann (RIP) mit Megafon in die Kurve und gab wie weiland Hans Dietrich Genscher unsere baldige Ausreise bekannt!

Der Rückweg war ungefährlich, da die meisten schon abgezogen waren. Von der Ferne sahen wir unser Auto. Aaaaaah, was ist das- schon von weitem konnten wir erkennen, das unsere Windschutzscheibe zerstört worden war. Fuck...das wird ja ne lustige Rückfahrt.
Aber halt - moment mal, die Scheibe ist ja gar nicht kaputt. Viel mehr hatte ein lustiger Holländer seinen kompletten Milchshake auf die Scheibe verteilt, so dass diese von weitem wie zersplittert aussah. Also kurz den Scheibenwischer angemacht und die komplette Rückfahrt einen süßlichen Erdbeergeschmack durch die Lüftung eingeatmet.

Demnächst hier: We wanna Dover!


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